Nicht-Schießen – Schießen. Neles erster Schuss mit scharfer Waffe
Bereits zu Beginn des ersten Semesters starteten wir die Ausbildung an der Dienstwaffe. Das Fach wird bei uns als „Nichtschießen – Schießen“ bezeichnet. Der Unterricht nimmt meist einen ganzen Vor- oder Nachmittag ein. In den ersten Stunden lernten wir die wichtigsten Verhaltensregeln in der Raumschießanlage, den Aufbau und die Wirkungsweise der Waffe. Dazu zerlegten wir diese mehrmals und bauten sie dann wieder zusammen. In der ersten Unterrichtseinheit begann auch schon das „Rotwaffen-Training“. Wir trainieren mit echten Pistolen, die aber schussunfähig gemacht wurden. Optisch unterscheiden sich diese lediglich in ihrer Farbe. In der Regel beginnt jede Unterrichtsstunde mit diesem „Trockentraining“. Wir lernten, wie eine Pistole geladen und entladen bzw. wie „Sicherheit hergestellt“ wird. Letzteres ist bei der Ausbildung mit der Dienstwaffe das oberste Gebot.
Als diese Prozesse einigermaßen sicher in unseren Köpfen verankert waren, stand auch schon, nachdem ich circa einen Monat die Hochschule der Polizei Brandenburg besuchte, der erste scharfe Schuss vor der Tür. Ich persönlich war an dem Tag relativ entspannt und machte mir keine Sorgen. Kurz bevor ich eine echte Waffe in die Hand bekam, wurden die Hände dann aber doch etwas schwitzig. Wir schossen immer zu zweit in einer Anlage. Ich erschreckte mich sehr von den Schüssen meiner Partnerin. Der Knall war trotz Gehörschutz lauter als gedacht. Außerdem war der Rückstoß überraschend stark. Da merkte ich erstmals, was für Kräfte da wirken. Nach dem ersten Schuss war ich sehr erleichtert. Die restlichen vier machten sogar Spaß. Trotz dessen war ich nach dem Verlassen der Schießbahn froh, dass die Pistole wieder ungeladen in meinem Holster verschwunden war.
In den späteren Stunden übten wir einen Magazinwechsel und lernten, wie man Störungen bei der Schussabgabe beseitigen kann. Als auch das bei jedem saß, kam eine Deckung dazu. Wir übten das Schießen hinter der Deckung im Stehen, liegend und sitzend. Mir persönlich fällt das Schießen hinter einer Deckung sogar leichter als das freie Schießen, da dort die Möglichkeit besteht meine Hand an die Deckung leicht anzulehnen. Als Folge ist meine Haltung ruhiger.
Das letzte neue Thema vor unserer Kontrollübung war der „grob visierte Schuss“. Das bedeutet Zeitdruck. Hier bestand dann nicht mehr die Möglichkeit lange zu zielen und irgendwann abzudrücken. Stattdessen kommt ein Signal und es heißt nur noch: so schnell wie möglich die Waffe ziehen, in die richtige Position bringen und schießen. So, wie es in der Realität wahrscheinlich eher der Fall sein könnte.
Jeder Anwärter und jede Anwärterin legt im Laufe des zweiten Semesters einen Schießleistungsnachweis ab. In dieser Kontrollübung werden alle Elemente, die wir gelernt haben, kombiniert. Zusätzlich müssen wir eine gute Mitte finden zwischen einer sicheren Trefferquote und Schnelligkeit. Bei nicht bestandener Prüfung besteht die Möglichkeit, diese innerhalb von einem Jahr zu wiederholen, denn wir benötigen vor unserem Praktikum in den Polizeiinspektionen eine Trageberechtigung. Im anstehenden
dritten Semester dürfen wir mit der MP (Maschinenpistole) schießen. Ich habe von älteren Jahrgängen gehört, dass die Trefferquote deutlich besser sein soll. Ich bin gespannt auf den ersten Schuss. Jetzt darf ich aber erstmal die einzelnen Bauteile auswendig lernen.