Nele steht Kopf – Fahrsicherheitstraining
Im Rahmen unseres Studiums mussten wir nicht nur eine Dienstfahrberechtigung erlangen, sondern auch ein umfangreiches Fahrsicherheitstraining absolvieren. Während bei der Dienstfahrberechtigung der Fokus auf dem richtigen Verhalten im alltäglichen Straßenverkehr lag, dreht sich das Fahrsicherheitstraining vor allem um die Kontrolle des Fahrzeugs in gefährlichen und brenzligen Situationen. Es ist eine essenzielle Vorbereitung auf Fahrten mit Sonder- und Wegerechten, wie sie im Polizeijargon genannt werden, also solche mit Sirene und Blaulicht.
Vier Tage voller Praxis und Theorie
Das Fahrsicherheitstraining fand über vier volle Tage statt. Am ersten Morgen wurden wir von den Trainern begrüßt, und es hieß, einen Streifenpartner oder eine Streifenpartnerin zu finden, mit der oder dem wir uns für die kommenden Tage ein Auto teilen würden. Vertrauen aufbauen war hier das Stichwort, denn innerhalb dieser kurzen Zeit musste man sich aufeinander verlassen können. Zusätzlich wurden wir in drei Gruppen aufgeteilt, jede mit vier Fahrzeugen und zwei festen Trainern, die uns die ganze Zeit begleiteten. Als Trainingsfahrzeuge standen uns alte Polizeizivil- und Streifenwagen zur Verfügung.
Der erste Tag begann mit etwas Theorie. Zunächst wurde der richtige Sitz im Fahrzeug erklärt, ebenso wie die Bedeutung der Ladungssicherung. Der Fokus lag jedoch vor allem auf den Themen Bereifung und die Kräfte, die beim Fahren auf das Fahrzeug wirken. Diese Grundlagen waren entscheidend, um die kommenden praktischen Übungen nicht nur aus fahrtechnischer, sondern auch aus physikalischer Sicht richtig zu verstehen.
Praktische Übungen für die richtige Fahrzeugkontrolle
Ab dem Nachmittag des ersten Tages ging es in die Praxis. Dabei stand die Beherrschung des Fahrzeugs in kritischen Situationen im Vordergrund. Zu den ersten Übungen gehörten statische Dinge wie Längseinparken, Wenden und das Fahren in engen Gassen. Besonders interessant war ein Rückwärtsparcours, der anfangs schwieriger wirkte, als er letztlich war. Auch wenn es hieß, wir könnten ruhig mal „anrempeln“, war es als Vorbereitung für den Abschlussparcours besser, die markierten Kegel nicht umzuwerfen.
Der Fokus lag jedoch klar auf der Gefahrenbremsung. Hierbei bremsten wir mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und auf verschiedenen Untergründen – von normalem Asphalt über Kopfsteinpflaster bis hin zu einer künstlichen Schneedecke. Ein besonders herausfordernder Teil war das Bremsen auf einem Untergrund, der uns Hindernisse in den Weg stellte, denen wir während des Bremsvorgangs ausweichen mussten. Dabei erfuhren wir, wie sich die Fahrzeuge in verschiedenen Situationen verhielten. In einer Übung durften wir die Hände vom Lenkrad nehmen und einfach „sehen, was passiert“. So merkten wir, wie das ABS des Fahrzeugs arbeitet.
Ein weiterer wichtiger Punkt war das Fahren in Kurven. Hier lernten wir, dass es besser ist, in eine Kurve möglichst weit außen einzufahren fahren, um dann am Scheitelpunkt nach innen zu lenken und anschließend wieder außen auszufahren. Zuvor hatte ich oft das Gefühl, lieber innen zu bleiben, weil das sicherer wirkte. Heute weiß ich, dass die richtige Linie nicht nur schneller, sondern auch sicherer ist.
Da das Fahrsicherheitstraining in einem eher regnerischen Wetter stattfand, war dies ein perfektes Übungsszenario, um uns auf schwierige Witterungsbedingungen vorzubereiten. Besonders prägend war dabei die „ewige Kreisbahn“, eine benässte Fahrbahn, die uns helfen sollte, das Untersteuern des Fahrzeugs zu erleben und zu lernen, wie wir darauf reagieren. Zwar fühlte es sich in dem Moment merkwürdig an, aber wir erfuhren, dass es die beste Lösung ist, in solch einer Situation zurück zu lenken, um das Fahrzeug wieder in den Griff zu bekommen.
Überschlagsimulator und Verfolgungsjagd
Neben den fahrtechnischen Übungen war auch der Überschlagsimulator ein wichtiger Bestandteil des Trainings. Hier simulierten wir den Ernstfall und lernten, wie wir uns selbst und andere bewusstlose Personen aus einem umgekippten Fahrzeug befreien können.
Eine der spaßigeren, aber dennoch lehrreichen Übungen war der kreisförmige Parcours, der eine Verfolgungsjagd simulierte. Dabei fuhren wir mit jeweils zwei Fahrzeugen im Kreis und versuchten, uns gegenseitig einzuholen, ohne dabei einen Kegel umzufahren. Eine Kegelberührung galt als „Unfall“, was uns alle motivierte, besonders präzise und umsichtig zu fahren.
Die Trainer begleiteten uns während des gesamten Trainings per Funkgerät, wodurch wir sofort Feedback zu unserem Fahrverhalten bekamen, ohne nach jeder Übung aus dem Fahrzeug steigen zu müssen. Selbst bei höheren Geschwindigkeiten konnten sie durch das Fenster unsere Lenkradhaltung und das Bremsverhalten genau beobachten und uns daraufhin wertvolle Hinweise zur Verbesserung geben.
Der Abschluss: Prüfungsparcours
Am letzten Tag des Trainings stand ein Abschlussparcours an, der alle erlernten Elemente vereinte. Er bestand aus verschiedenen Stationen, bei denen wir unser Wissen und Können unter Beweis stellen mussten. Dieses Mal waren wir alleine unterwegs, ohne einen Beifahrer, was den Druck erhöhte. Die Aufgabe war klar: schnell, aber sicher fahren – und keine Kegel umfahren. Besonders gefreut hat mich, wie die Frauen aus meinem Kurs, selbst beim Einparken, kaum einen Fehler machten und somit den Parcours nahezu fehlerfrei absolvierten.
Fazit: Was der Reifen ausmacht
Eines der Dinge, die mir im Training besonders auffielen, war der Unterschied, den die Reifen auf das Fahrverhalten ausmachten. Ein Streifenteam aus meiner Gruppe hatte relativ abgefahrene Sommerreifen, während wir Allwetterreifen fuhren. Besonders beim Kurvenfahren und beim Bremsen mit gleichzeitigem Ausweichen sowie bei der Länge des Bremsweges war der Unterschied deutlich spürbar. Ein guter Reifen kann in einer brenzligen Situation entscheidend sein!
Insgesamt war das Fahrsicherheitstraining eine intensive und äußerst lehrreiche Erfahrung. Es hat mir nicht nur geholfen, mein Fahrverhalten zu verbessern, sondern auch das Vertrauen in das Fahrzeug und meine Fähigkeiten gestärkt. Mit dem Wissen und den Fähigkeiten aus diesem Training fühle ich mich nun deutlich besser auf die Herausforderungen von Einsatzfahrten mit Blaulicht und Sirene vorbereitet.