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"Zu Gast bei Freunden" - Erasmus +

 

Die SIAK ist die Bildungsstätte für die rund 30.500 Polizistinnen und Polizisten sowie ca. 6.500 Verwaltungsbediensteten in Österreich. An insgesamt zwölf Standorten ist die SIAK landesweit verteilt. Neun Landespolizeidirektionen (analog der neun Bundesländer) mit 83 Bezirkskommanden sowie 27 Stadtkommanden (allein 15 davon in Wien) sowie 850 Polizeiinspektionen bilden die Polizeistruktur Österreichs ab. Die Autobahnpolizei, die See-Flusspolizei und das Diensthundewesen sind in weiteren Sonderinspektionen zu finden.


Interessant sind die Karrieremöglichkeiten:

Die Polizeiausbildung startet mit einer 24-monatigen Grundausbildung (egal ob Abitur oder nicht). Sie enthält 17 Monate Theorie und wird durch drei und vier Monate Praxis begleitet. Nach erfolgreicher Dienstprüfung darf man sich „Inspektor“ nennen.

Die Ausbildung zum dienstführenden Beamten der mittleren Führungsebene (E2a) ist nach einer mehrjährigen Bewährung möglich und umfasst sechs Monate Theorie und drei Monate Praxis. Die anschließende Verwendung findet als Sachbearbeiter in den Polizeiinspektionen oder Landespolizeidirektionen beziehungsweise in den einzelnen Dienststellen des Ministeriums auf Bundesebene (beispielsweise dem Bundeskriminalamt) statt. Mit dieser Ausbildung ist es möglich, Leiter einer Polizeiinspektion oder eines Fachbereiches in einer Landespolizeidirektion bzw. in einer Bundesbehörde zu werden.

Für die Ausbildung zum leitenden Beamten (E1) ist eine mehrjährige Bewährungszeit und der erfolgreiche Abschluss des Bachelorstudienganges an der Fachhochschule Wiener Neustadt Voraussetzung. Als Polizistin und Polizist wird das 1. Semester gleich übersprungen. Mit dem Titel „Bachelor of Arts in Police Leadership“ sind Führungsfunktionen z. B. als Stadt- oder Bezirkspolizeikommandant oder sogar Landespolizeidirektor möglich. Jährlich stellen sich 20-25 BewerberInnen dem Auswahlverfahren.

Ähnlich wie in der deutschen Polizei werden die höchsten Führungsfunktionen durch den erfolgreichen Abschluss eines Masterstudienganges als „Master of Arts in Strategic Security Management“ besetzt.

Übrigens: Der Bachelor- als auch der Masterstudiengang werden berufsbegleitend durchgeführt!

Mit diesem Input und der Vorstellung der Struktur und der Bildungsmöglichkeiten innerhalb der Brandenburger Polizei wurde der erste Tag am Nachmittag mit dem Besuch der Verkehrsabteilung der Landespolizeidirektion Wien abgerundet. Hier konnten Experten der Sonderüberwachungsgruppe, des Fahrraddienstes, der Prävention und Verkehrserziehung sowie für die besondere Fahrzeug- und Überwachungstechnik viele Fragen beantworten und tolle Anregungen geben.

Hier eine kleine Auswahl:

  • Unfallkommandos nehmen die schweren Verkehrsunfälle auf und bearbeiten den Vorgang bis zur Abgabe an die StA
  • für die Verkehrsunfallprävention sind die Verkehrsabteilungen der Landespolizeidirektionen verantwortlich
  • erfolgreiches Projekt „Kinderpolizei“ und „Cyberkids“
  • erfolgreiche Projekte zur Thematik „toter Winkel“
  • Fahrschulprüfer sind verpflichtet, Weiterbildungen zur Verkehrssicherheit durchzuführen
  • Zivildienstleistende unterstützen die Verkehrsüberwachung

Am Dienstag begann mein zweiter Besuchstag im E-Learning Center der SIAK. Auch hier wurde deutlich, dass digitale Formate Einzug in die Weiterbildung halten und auch zukünftig einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Das Videokonferenzsystem BigBlueButton wird auch in Österreich verwendet und bildet die Grundlage für eine in naher Zukunft geplante virtuelle Besprechung zwischen der SIAK und der HPol zum weiteren Erfahrungsaustausch.

Für den Nachmittag erhielt ich die Möglichkeit, mir über das Personal, die Arbeit und die Ausstattung der WEGA (Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung) einen kleinen Einblick zu verschaffen. Wien nimmt hier eine Sonderstellung ein, da das klassische Einsatzkommando COBRA/ Direktion Spezialeinheiten eigentlich für ganz Österreich zuständig ist, beide Einheiten sogar auf einem Flur sitzen. Die WEGA stellt täglich Streifen für die Hauptstadt, bearbeitet dezentral also Aufgaben des Alltags. Sie ist damit aber gleichzeitig in der Lage, 24/7 zeitnah, zunächst mit schwachen Kräften in einer besonderen Einsatzlage sofort zu handeln. So auch am 02. November 2020, beim Terroranschlag in der Wiener Innenstadt mit 4 Toten und 23 Verletzten. Der Kompaniekommandant der WEGA schilderte sehr eindrucksvoll die ersten Stunden der polizeilichen Lagebewältigung. Schließlich befand er sich als Einsatzleiter in unmittelbarer Nähe zum Tatort. Neben der professionellen Lagelösung (der Täter wurde erschossen, weitere Täter konnten zeitnah ausgeschlossen werden) wurde auch deutlich, das „Glück“ und „Zufall“ weiterhin gute „Gehilfen“ polizeilicher Arbeit sind.

Für den Mittwoch ging es in den 10. Bezirk zum Polizeikommissariat Favoriten. Hintergrund war ein Termin zur Vorstellung des nationalen Präventionsprogramms „UNDER 18“. Besonders interessant war der Mehr-Ebenen-Ansatz, in dem neben den Schülern, deren Eltern, die Lehrer, Schulsozialarbeiter und die Polizei aktiv mit einbezogen werden. Das Programm begleitet die Jugendlichen ab 13 Jahren und hat das Ziel, sie vor Straffälligkeit zu bewahren. Aktuell gründet sich das Programm auf drei Säulen:

  • „All right – Alles, was Recht ist“ (präventive Rechtsinformationen)
  • „Click and Check“ (digitale Kompetenz)
  • „Look @ your.Live“ (Auseinandersetzung mit der Lebenswelt ab Klasse 7)

Das Programm wird demnächst um eine vierte Säule ergänzt werden:

  • „Look @ their.Live" (Radikalisierungsprävention)

Diese geplante vierte Säule hat das Ziel, rechtzeitig Radikalisierungs- bzw. Extremismustendenzen bei Jugendlichen zu erkennen und ganzheitlich zu begegnen.
Das Programm „UNDER 18“ ist zertifiziert, die Qualifizierung einheitlich durch das BKA sichergestellt.

Mein letzter Besuchstag in Wien war dem Thema „Vernehmungen“ gewidmet. Mit dem stellvertretenden Leiter des Instituts für Wissenschaft und Forschung an der SIAK konnte ich mich über die Inhalte und den Umfang der Qualifizierungen austauschen. Für die Polizei Österreichs steht eine Reform des Kriminaldienstes bevor. In diesem Zusammenhang wird die Vernehmung einen hohen Stellenwert, auch in der Qualifizierung, erhalten. Die bisherige Aus- und Fortbildung wird durch einen Trainerpool von Kriminalisten gestaltet, die für die Vermittlung einheitlicher Inhalte qualifiziert wurden und praxisnah vermitteln. Zukünftig wird der wissenschaftliche, psychologische und neurowissenschaftliche Hintergrund eine größere Rolle spielen. Interessant war die Information, dass sich an die Vernehmungstrainings unmittelbar die Bewährung als „Zeuge vor Gericht“ zum Übungssachverhalt anschließt.

Mit einem vollen „Koffer“ an Informationen, Anregungen, Ideen und Kontakten konnte ich am Donnerstagabend die Heimreise antreten. Die mich betreuenden Kollegen des Zentrums für Internationale Angelegenheiten der SIAK haben mich herzlich aufgenommen, sich rührend um mich gekümmert und reagierten unheimlich flexibel auf kurzfristige Zeitplanänderungen. Jeder Tag war auf seine Art spannend, informativ, interessant und kurzweilig. Schön, dass es noch so viele begeisterte und engagierte Kollegen gibt.

Danke dafür.


Das Erasmus+ -Programm ermöglicht es u. a. Stammpersonal der HPol, Personalmobilitäten zu Unterrichts- oder zu Weiterbildungszwecken durchzuführen. Für eine Mobilität nach Österreich hatte ich mich bereits für 2019 beworben, ein fester Termin konnte aber aufgrund der Corona-Pandemie erst im Juli 2022 realisiert werden. Die Möglichkeit dieser Dienstreise habe ich im Wesentlichen Karen Wiegand (HPol, Präsidialbüro, Drittmittelstelle und Erasmus+ Koordinatorin) zu verdanken. Danke.

Bildergalerie: 

Netzwerk Studienqualität Brandenburg

 

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