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„ICH HABE SO LANGE EIN MOTIVATIONSPROBLEM BIS ICH EIN ZEITPROBLEM HABE“

Liebe Studierende,
kennen Sie das? Sie haben reichlich freie Zeit zur Verfügung, um sich auf Prüfungen oder andere Arbeiten vorzubereiten und trotzdem setzten Sie sich erst kurz vor knapp an die Bearbeitung der relevanten Inhalte? Im besten Fall klappt zwar alles, aber so richtig zufriedenstellend fühlt es sich nicht an und eigentlich geht mehr? Dann haben Sie sicher auch schon den Rat gehört: „Du musst einfach mehr lernen!“.
So einfach ist es aber nicht, sonst würden Lehrkräfte nur Höchstpunktzahlen vergeben. Leider werden wir allzu oft Opfer der sogenannten Prokrastination. Was das ist, wie es den Erfolg im Studium beeinflusst und was man dagegen tun kann, erkläre ich im Folgenden.


Was ist Prokrastination und was hat es mit Lernen und Erfolg im Studium zu tun?
Prokrastination ist nichts Anderes als Aufschieben, auf Deutsch kennen wir den Begriff unter „Aufschieberitis“, d.h. das Aufschieben wird chronisch. Im Grunde prokrastinieren wir alle regelmäßig, denn der Mensch ist grundsätzlich so gepolt, dass er Unlust vermeiden will und daher versuchen wird, andere Betätigungen zu finden, die angenehmer sind als die eigentlich anzugehende Aufgabe.

Lernen ist anstrengend und daher oft mit Unlust verbunden, vor allem je komplexer das Thema ist. Zusätzlich können unangenehmen Gefühle entstehen, beispielsweise Angst vorm Durchfallen oder Versagen und Selbstzweifel. Um die Konfrontation damit und entstehende Unlust zu vermeiden, wird stattdessen aufgeräumt, ferngeschaut, gezockt und vieles mehr.
Das allein ist aber noch kein Grund zur Sorge und Studien zufolge prokrastinieren zwischen 70% und 97 % aller Studierenden an öffentlichen Hochschulen (Junge und Sickert, 2022 1:30-2:25 und Höcker, et. al, 2021).


Das mit Unlust vermeiden leuchtet ein, aber wo genau liegt da das Problem?
Prokrastination entsteht, wenn das Aufschieben chronisch und damit zum Problem wird. Wenn ich freie Zeit, die fürs Lernen zur Verfügung stünde, mit anderen Dingen verbringe und das Lernen zum Beispiel in den Abend oder die nächsten Tage verschiebe, dann führt das zwar zu einer kurzfristigen Entlastung, weil ich Zocken oder Freunde treffen kann, langfristig unterliege ich aber einem Trugschluss. Langfristig führt chronisches Aufschieben dazu, dass ich nicht ausreichend auf Prüfungen vorbereitet bin, dadurch z.B. die Prüfungsangst steigt, ich schlechtere Noten schreibe und evtl. sogar mein Studium aufs Spiel setze. Das alles ist viel unangenehmer als die Unlust, die ich vermeiden wollte, als ich mich ans Lernen setzen wollte. Die Folge sind größere Unzufriedenheit, Selbstwertprobleme, berufliche Konsequenzen, usw. Es ist nicht schwer zu erkennen, dass daraus ein Teufelskreislauf entstehen kann.

 

Wie erkennt man, dass man prokrastiniert?
Wenn eine der folgenden Aussagen (Höcker et al., 2021) zutreffen:
    • Ich fühle mich aufgrund des Aufschiebens nicht mehr wohl.
    • Ich leide darunter, dass ich die wichtigen Dinge immer bis zuletzt aufschiebe und es trotzdem nicht schaffe, das zu ändern, obwohl ich es gern möchte.
    • Ich fürchte, meine persönlichen Ziele wegen des Aufschiebens nicht zu erreichen.
    • Ich tue wegen des Aufschiebens nicht das, was ich eigentlich tun möchte.
    • Ich kann Arbeit und Freizeit nicht mehr trennen.
    • Ich könnte bessere Noten schreiben.


Was kann man dagegen tun?
Freizeit ohne schlechtes Gewissen sowie bessere Noten ohne mehr Qual sind möglich. Lernen kann sogar Spaß machen.
In einem ersten Schritt ist es wichtig, zu erkennen, dass Prokrastinieren und folglich auch Nicht-Prokrastinieren eine Entscheidung sind; dass Sätze wie „Morgen reicht.“, „Ich habe ja noch genügend Zeit.“, „Das hole ich noch auf.“, „Ich muss erstmal E-Mails lesen / Blumen gießen.“, „Das ist einfach zu schwierig, das schaffe ich eh nicht.“, „Morgen fange ich an, aber wirklich.“ exakt das oben beschrieben Muster widerspiegeln und man sich damit selbst auf den Leim geht.
Wie bereits erwähnt ist Prokrastinieren ein angewöhntes Verhalten, d.h. man kann es sich auch wieder abtrainieren. Dazu gibt es einfache Hilfestellungen wie die 10-Minuten-Regel oder die Pomodoro-Technik (beschrieben im unten verlinkten Podcast) oder die etwas ausführlicheren, dafür methodischeren Hilfestellungen aus dem Buch „Heute fange ich wirklich an!“ (siehe Literaturangabe). Ich habe ebenfalls den Link zu einem Selbsttest der Uni Münster angehängt.
Man kann also sehr gut eigenständig etwas gegen das Nicht-Lernen tun. Wenn Sie jedoch feststellen, dass Sie etwas ändern wollen, sich aber nichts ändert, hilft oft der Blick von außen – dann kommen Sie gern zu mir in die Sprechstunde.

 

Stephanie Hopp

 


 

Quellenangaben:
Höcker et al. (2021). Heute fange ich wirklich an! Göttingen: Hogrefe
Junge, M., Sickert, T. (Moderatorinnen). (2022, 24. Juli. Kleine Schritte, große Wirkung – Der Coaching-Podcast [Audio-Podcast]. Audible. https://www.audible.de/pd/Flg-12-Prokrastination-so-kommst-du-vom-Aufschieben-ins-Anpacken-Podcast/B09YRKB3L9?ref=a_pd_Kleine_c1_lAsin_1_4

 

 

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